Wie man mit seiner Leidenschaft auf der Straße Geld verdient: Interview mit Onyx Ashanti

Onyx Ashanti

Nicht nur auf den Straßen Berlins unterwegs: Onyx Ashanti


Onyx Ashanti ist seit 20 Jahren professioneller Musiker, spielt seinen ganz eigenen Beatjazz und hat mit vielen namhaften Künstlern wie Marshall Jefferson zusammengearbeitet. Er hat an dem Album „Kish Kash“ von The Basement Jaxx mitgearbeitet, welches mal eben einen Grammy eingeheimst hat. Der passionierte Saxophonist ist auf der ganzen Welt herumgekommen und hat sich zur Zeit in Berlin niedergelassen, um weiter an seinem Sound zu basteln.

Ich habe mich mit Onyx getroffen, um über die Anfänge zu reden und ihn nach konkreten Tipps für Straßenkünstler zu fragen.

Wann hast Du Dich dazu entschieden, auf der Straße zu spielen?

Onyx Ashanti: Nachdem ich die Schule abgeschlossen hatte, bin ich nach Atlanta gezogen und habe in einem Süßwarengeschäft gearbeitet. Eines Tages  sah ich in meiner Mittagspause einen sehr guten Saxophonisten, der auf der Straße gespielt hat. Ich aß also mein Sandwich und war fasziniert, wie virtuos und fabelhaft er seine Stücke zum Besten gab. Ein Profi. Was mich noch mehr beeindruckte, war, dass er innerhalb von einer Stunde 40 Dollar einspielte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich für diese Summe den ganzen Tag im Laden stehen müssen. Ich spielte selber schon Saxophon und dachte mir: Was soll’s, ich werde es einfach probieren! Also beschloss ich, meinen Job an den Nagel zu hängen und selber auf der Straße zu spielen.

Wie ging es weiter?

Onyx Ashanti: Jeder, der beginnt, vor Publikum zu spielen, kennt die ersten harten Auftritte. Man ist nervös und weiß nicht so recht, was man machen soll. Mit der Erfahrung kam die Selbstsicherheit. Lange Zeit war ich der einzige Straßenperformer in diesem Stadtviertel.  Nach 8 Monaten fühlte sich auch jemand anderes inspiriert und fing an, genau wie ich auf dem Saxophon zu spielen. Obwohl wir ein gutes Verhältnis zueinander hatten, war es ein sehr harter Wettbewerb. Ich wollte etwas Neues kreieren, meine Fähigkeiten verbessern. Die Idee von Beatjazz hatte ich schon lange, ohne wirklich einen Namen dafür zu haben. Ich probierte und experimentierte mit verschiedenen elektronischem Stilen und Geräten. (lacht) Die Leute fanden es teilweise furchtbar. Auch wenn das erste Jahr eines der härtesten war, habe ich weiter gemacht und unheimlich viel gelernt dabei. Daraus ist mein Stil, der Beatjazz entstanden, an dem ich noch bis heute arbeite.

Onyx Ashanti

Auf der Straße zu spielen ist hart. Man hat nur einen kurzen Moment, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu bekommen. Was ist Deiner Meinung nach der beste Weg, eine Verbindung zum Publikum herzustellen?

Onyx Ashanti: Während meines Sets möchte ich nicht zu den Zuschauern sprechen. Aber ich etabliere ganz genau, was ich tue, damit sie registrieren, dass die Sounds live gespielt sind. Wenn ich z.B. markante Töne spiele, bewege ich mich gleichzeitig extravagant und „gehe“ mit der Musik mit. Alles sehr spielerisch. So wird der Live-Charakter deutlich. Meine Sets haben einen Anfang, einen Mittelteil und ein klares Ende. Nur so kann ich Emotionen aufbauen und die Show steigern. Das hält meine Zuschauer davon ab weiterzugehen. Straßenmusiker, die einfach nur Songs aneinanderreihen, haben Schwierigkeiten, die Menschen länger zu halten. Am Ende der Show spreche ich mein Publikum an und erkläre, was und warum ich es mache.

Auf der Straße zu spielen ist immer ein Abenteuer, die beste Schule für Performer und Musiker. Am Ende des Tages möchtest du neben einem gutem Gefühl auch ein Paar Euros in der Tasche haben. Für Beginner stellen sich folgende zwei Fragen:

Wie wählst du deine Auftrittsorte aus?

Onyx Ashanti: Ich schaue auf die Anzahl der Leute mit Einkaufstüten. (lacht) Das heißt, ich konzentriere mich auf die Plätze, an denen die Leute sowieso Geld ausgeben. Die meisten Menschen kaufen nicht, weil sie die Dinge benötigen, sondern um sich gut zu fühlen. Wenn ich dazu beitragen kann, dass sie eine gute Zeit haben, um so besser. Es ist wichtig, die Stimmung einzufangen und die Menschen dort abzuholen. Spiele ich z.B. zur Mittagszeit und die Leute machen eine Pause oder gehen etwas essen, dann ist mein Sound auch ruhiger und relaxter. Ist es Samstag am späten Nachmittag und mein Publikum ist in Ausgehlaune, wird auch mein Sound funkiger und bereitet sie auf eine ausgelassene Partynacht vor.

Welchen Tipp hast Du parat, um Geld von deinem Publikum zu bekommen?

Onyx Ashanti: Auf der Straße zu musizieren, ist nur ein Puzzleteil des Ganzen. ich habe einen Langzeitplan. Je mehr Menschen ich mit meiner Musik begeistern kann, um so mehr zahlen sich meine Projekte in der Zukunft aus. Ich erhalte durch die Menge der Kontakte mehr Auftritts- und Kooperationsmöglichkeiten.

Jeder Musiker weiß, dass auf der Straße der Großteil des Geldes durch CD-Verkäufe eingespielt wird. CDs sind heutzutage nicht mehr so viel wert wie früher einmal. Der Inhalt einer CD ist beliebig oft kopierbar. Deswegen muss die CD als Ganzes ein Kunstwerk sein, was auch bedeutet, dass die Aufmachung in den Vordergrund tritt.

Ich biete eine CD an, bei der die Leute geben können was sie wollen. Auf Dieser befinden sich meine Stücke und Kontaktinformationen. Daneben stelle ich eine preisintensivere Variante für 20 Euro. Deren Verpackung und Inhalt ist aufwändiger gestaltet. Ich plane zur Zeit noch ein dritte Option für 40 Euro. Auf dieser CD wird es außerdem noch exklusiven Inhalt und Material für Musiker geben, um selbst Beatjazzstücke zu produzieren.

Flyer von mir gebe ich nur persönlich an mein Publikum. Touristen sind oft auf der Suche nach einem Souvenir und nehmen sich einen Flyer. Sie nehmen sich einen Flyer, ohne sich die Zeit zum Hören zu nehmen und ein Trinkgeld zu geben. Auf der Straße spiele ich kostenfrei für alle. Jeder, der sich für meine Musik interessiert, bekommt alle Informationen und kostenlosen Zugang zu meinen Stücken.

Auf der Straße kann Dein Publikum Dir ein Trinkgeld geben und die Höhe selber bestimmen. Wenn Kunden Dich für einen Auftritt buchen wollen, können sie mitunter schwer verstehen, warum Dein Auftritt Geld kostet. Was antwortest Du auf diese Einwände?

Onyx Ashanti: Auf der Straße spiele ich wann, wo und wie lange ich will. Es ist meine Freizeit, in der ich üben und neue Sachen ausprobieren kann. Im Club bekommen die Gäste eine einzigartige Show, die nur so gut ist, weil ich so viel Zeit auf der Straße verbracht habe. Auch wenn ich immer wieder mal höre: „Du kannst ja auch im Club üben.“ Der Club ist ein Ort, um eine saubere Performance abzuliefern und nicht zum Üben. Nebenbei ist meine Gage nicht hoch und nur dazu da, um meinen bescheidenen Lebensstandard zu halten. Ich möchte meine Zeit lieber mit dem Experimentieren an meinem Sound verbringen als mit Kellnern. Es gibt nur knapp 50 Wochenenden im Jahr, an denen ich Aufträge annehmen kann, und diese muss ich nutzen. Auf der Straße kann ich jeden Tag spielen. Wer mich auf Veranstaltungen bucht, verdient in der Regel daran, dass ich spiele. Ich denke, es ist nur fair, wenn ich für meine Aufwendungen, wie in jedem anderen Beruf, auch bezahlt werde. Die meisten Menschen verstehen das glücklicherweise.

Welche Tipps hast Du für Beginner, die Ihr Geld auf der Straße verdienen möchten?

Onyx Ashanti: Kündigt auf keinen Fall Eure Jobs, bevor Ihr nicht die Fähigkeiten erworben habt, um ein regelmäßiges Einkommen von der Kunst zu generieren. Es gibt viele Tage im Jahr, an denen Ihr nicht spielen könnt. Nutzt Eure Freizeit zum Üben. Schreibt Eure Erfahrungen auf und lernt von ihnen. Was ist passiert, und warum ist es passiert? Der Weg ist lang, und es geht in erster Linie darum, so viele Erfahrungen wie möglich zu sammeln und am Ende des Tages mit mehr Geld nach Hause zu gehen als vorher. Bleibt am Ball und probiert immer wieder neue Sachen aus. Mit der Zeit werdet Ihr merken, was funktioniert und was nicht. Nutzt irgend etwas Visuelles, um die Aufmerksamkeit auf Euch zu lenken. Ich benutze einen futuristischen Helm. Es macht einen Unterschied, wenn ich ihn trage. Die Leute bleiben schon allein deswegen stehen, weil sie wissen wollen, was dieser komische Vogel da veranstaltet.

Was sind Deine Projekte für die Zukunft?

Onyx Ashanti: Zur Zeit arbeite ich an einem Buch über Beatjazz und möchte eine eigene Maschine entwickeln, mit der ich ähnlich wie bei meinem elektronischen Saxophon den Ton mit Hilfe des Luftdrucks modulieren kann. Ich möchte weiter neue Sache ausprobieren, nicht nur musikalisch, sondern auch, wie ich Menschen mit meiner Musik erreichen kann. Dabei überlege ich: Wie würde ich mir selber etwas verkaufen? Ich habe in den letzten Jahren kein Geld für CD- oder MP3-Käufe ausgegeben. Die Leute investieren mehr Geld für Erlebnisse wie Konzerte als für Daten, die mittlerweile im Netz überall erhältlich sind. Deswegen stelle ich meine Musik auch frei zum Download.

Onyx Ashanti

Vielen Dank für Deine Einblicke. Hier meine Empfehlung: Ladet und genießt den Sound von Onyx Ashanti und lest seinen Blog. Schreibt einen Kommentar, was Ihr von seinen Ideen und Erfahrungen haltet.

Hier ein Beispiel seines Flyers. Ihr seht, wie er alle wichtigen Informationen knapp zusammengefasst hat, um es potentiellen Kunden leicht zu machen, ihn zu buchen.

Wie man einen so genannten Elevator Pitch schreibt, erfahrt Ihr im Artikel: „Kurze Präsentationen von Ideen – der Elevator Pitch


2 Replies to Wie man mit seiner Leidenschaft auf der Straße Geld verdient: Interview mit Onyx Ashanti

  1. verdien sagt:

    Seit 6 Monaten hab ich aber einen Schuelerjob gefunden, wo ich mit so 3 Nachmittagen im Monat 100 Euro krig. Das ist mal ein gutes Nebeneinkommen

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