Der Kunde zahlt nicht?

Teil 1: Die nächsten Schritte


Früher oder später kommt jeder Selbstständige in die Situation, dass er auf seine Bezahlung warten muss. Oft kommt es zu Ratlosigkeit, denn wer noch keine Erfahrung mit Mahnschreiben und Inkasso hat, bleibt oft handlungslos. Schließlich verbindet man damit Gerichtsverhandlungen und einen Kostenberg, auf dem man möglicherweise sitzen bleibt. Dabei ist der Weg vor den Kadi die absolut letzte Instanz, zu der es nur in den seltensten Fällen kommt. Bis dahin gibt es eine Reihenfolge an Aktionen, die man Stück für Stück abarbeiten kann. Darum geht es heute.  

Gute Beziehung zum Kunden aufrecht erhalten

Die gute Beziehung zum Kunden ist zu jedem Zeitpunkt wichtig. Auch wenn ein Zahlungsverzug ärgerlich ist, sollte dem Unmut nicht in Mails oder Telefonaten nachgegeben werden. Jeder kann mal etwas vergessen oder Zahlungsschwierigkeiten haben. Eine Lösung sollte mit dem Kunden zusammen erarbeitet werden, damit auch in Zukunft Geschäfte gemacht werden können. Ihr sollt Euer Geld bekommen, aber dabei nicht verbrannte Erde hinterlassen.

Schritt 1: Zahlungserinnerung

Auch bei Kunden bleibt mal etwas liegen oder eine Rechnung geht verloren. Wir gehen erst einmal davon aus, dass der Zahlungsverzug keine böse Absicht ist, sondern ein Versehen. Klärt zu aller erst, ob die Rechnung auch korrekt gestellt ist. Danach erinnern wir den Kunden an die ausstehende Zahlung.

Rein rechtlich ist die Zahlungserinnerung eine Mahnung. Da wir von einem Flüchtigkeitsfehler ausgehen, wird die Zahlungserinnerung dementsprechend freundlich formuliert:

Hier ein Muster einer Zahlungserinnerung:

„Auf die Rechnung mit der Nummer [RECHNUNGSNUMMER] habe ich noch keinen Zahlungseingang feststellen können. In der Hektik des Alltags geht so etwas schnell verloren. Sollte meine Rechnung Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein, habe ich dem Schreiben eine Kopie der Rechnung beigefügt. Bitte holen Sie Zahlung zeitnah nach.

Sollten Sie die Rechnung in der Zwischenzeit beglichen haben dann betrachten Sie dieses Schreiben als gegenstandslos.“

Selbstverständlich kann ein Gespräch dabei helfen, den Grund der Verspätung zu erfahren und eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.

Schritt 2: Mahnung

Drei Mahnstufen sind üblich, rein rechtlich aber nicht bindend. Sofern es sich nicht um eine Privatperson handelt, ist der Schuldner nach 30 Tagen automatisch in Verzug. Ab diesem Zeitpunkt hat der Gläubiger Anspruch auf Verzugszinsen. Diese belaufen sich, sofern nicht anders vereinbart, für Handelsgeschäft bei 8 und für Verbrauchergeschäfte bei 5 Prozentpunkte über dem Basiszins. Den aktuellen Basiszinssatz mit Zinsrechner findet man unter basiszinssatz.info.

Ich selber habe bis jetzt noch keine Verzugszinsen berechnet, hatte aber meistens auch Glück mit meinen Kunden.

Der Ton der Mahnung wird nun schon deutlicher und soll unmissverständlich klarmachen, dass es Euch ernst ist. Auch sollte die Mahnung keine Nummerierung wie z.B. „1. Mahnung“, enthalten. Zahlungsunwilligen Kunden signalisiert dies, dass es zu einer weiteren Mahnung kommen wird und sie noch Zeit haben, die Zahlung zu begleichen.

Hier eine Mögliche Vorlage einer Mahnung:

„Leider haben Sie auf die Zahlungserinnerung vom [DATUM] nicht reagiert. Ich bitte Sie die Zahlung mit der Rechnungsnummer [RECHNUNGSNUMMER] bis zum [DATUM] zu begleichen. Bitte achten Sie auf die Einhaltung der Frist, da ich mich sonst gezwungen sehe, die Forderung gerichtlich durchzusetzen.

Sollten Sie die Rechnung in der Zwischenzeit beglichen haben dann betrachten Sie dieses Schreiben als gegenstandslos.“

Bis zur Bezahlung die Arbeit einstellen

Auch wenn es schmeichelt und der Kunde weitere Aufträge gibt. Steht die Bezahlung einiger Rechnungen schon eine Weile aus, sollten auch keine neuen Aufträge angenommen werden. Kunden die nicht bezahlen, sind keine Kunden. In einem Gespräch oder Mail kann man seinen Standpunkt auf freundliche Art und Weise zum Ausdruck bringen.

Hier ein Beispiel:

„Es ehrt mich, dass Sie mich beauftragen an dem neuen [PROJEKT X] zu arbeiten. Leider steht die Zahlung von [PROJEKT Y] noch aus und ich fühle mich ungut dabei, ein neues Projekt zu starten, wenn das alte noch nicht abgeschlossen ist. Könnten Sie noch einmal in Ihrer Buchhaltung nachfragen, damit ich mit dem neuen Auftrag beginnen kann?“

Mahnfristen

Von gesetzlicher Seite her, gibt es keine Fristen für die Mahnung. Jedem steht also frei, wie er die Zahlungsfristen festlegt. Folgende Zeiträume habe sich festgesetzt.

Zahlungserinnerung: 14 Tagen der Rechnungsstellung

  1. Mahnung: ca. 30 Tage nach Rechnungsstellung
  2. Mahnung: ca. 10 Tage nach der ersten Mahnung
  3. Mahnung: Eigentlich ist die Zahlungserinnerung schon eine Mahnung. Wer trotzdem zusätzlichen 3 Mahnungen schreiben möchte, der verschickt die letzte ca. 7 Tage nach der zweiten Mahnung.

Schritt 3: Inkasso, Factoring, Anwalt und Mahnverfahren

Sollte der Kunde auf alle drei Mahnungen nicht reagieren oder wurde keinen Ratenzahlung vereinbart, werden jetzt ernstere Schritte nötig. Entweder man schaltet den Anwalt ein, wendet sich an ein Inkasso- / Factoringunternehmen, oder versucht es über ein online Mahnverfahren.

Inkasso

Ein Inkassounternehmen treibt die Forderungen in Eurem Auftrag ein. Je nach dem was man für einen Vertrag mit der Firma hat, kann es aber auch passieren, dass man auch noch die Kosten der Inkassofirma tragen muss, sollte der Kunde nicht zahlen.

Anwalt einschalten

Wer einen Anwalt hat, kann diesen einschalten. Oft wirkt der Brief einer Kanzlei schon Wunder. Der Anwalt wir auch ein Mahnverfahren einleiten. Sollte auch dies nicht zum gewünschten Erfolg führen, geht es vor Gericht. Die Kosten für den Anwalt muss man erst einmal selber auslegen.

Online Mahnverfahren

Wer aus Kostengründen erst einmal keinen Anwalt einschalten möchte, kann das Mahnverfahren auch selber beantragen. Unter online-mahnantrag.de kann ein Vollstreckungsbescheid über eine Geldforderung erwirkt werden. Diese Möglichkeit richtet sich an kleine Unternehmen und Selbstständige. Der Antrag kann online übermittelt oder ausgedruckt und abgeschickt werden.

Alle nötigen Informationen finden sich auf dem Onlineauftritt.

Lehnt der Kunde den Mahnantrag ab, hilft auch das nicht weiter und es geht vor Gericht oder man bedient sich einer Factoringfirma.

Factoring

Eine Factoring Firma kauft die Forderung an den Kunden. Ihr bekommt Eurer Geld abzüglich einer Gebühr und habt dafür keine Scherereien. Die Sache des Geldeintreibens liegt jetzt in anderen Händen und das Ausfallrisiko trägt die Factoring Firma. Mehr Informationen über Factoring findet Ihr in diesem Wikipedia Artikel.

Der erste Teil des Artikels beschreibt alle Möglichkeiten, um an sein Geld zu kommen. Damit es erst gar nicht dazu kommt hat der 2. Teil die richtigen Ratschläge zur Hand. Schaut also wieder rein.

Was vergessen?

Habe ich was vergessen? Teilt Eure Erfahrung und Ratschläge in den Kommentaren.

Lest auch:

Der Kunde zahlt nicht? Teil 2: Vorbeugen und Cool bleiben

Der Kunde zahlt nicht? Teil 3: Selbstbewusstsein und wie man Ratenzahlung vereinbart


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10 Replies to Der Kunde zahlt nicht?

Teil 1: Die nächsten Schritte

  1. Michael sagt:

    Hey,

    also vergessen hast du soweit nicht. Ich finde deinen Artikel ausführlich und präzise beschrieben.

    Meine Meinung: Handelt es sich um einen Stammkunden, also um einen Kunden der mehrere Aufträge aufgibt, finde ich die Strategie „Hinterhertelefonieren“ am effektivsten. Viele Menschen werden schnell sauer, wenn sie Mahnungen bekommen und selbst hinterhertelefonieren müssen. Man sollte den Kunden immer noch als König ansehen, allerdings auf sein Geld bestehen.

    Wenn es sich um einmalige Kunden handelt, muss man sich meiner Meinung nach nicht die Arbeit machen, extra hinterher zu telefonieren. Da reicht es sicherlich aus, wenn man Mahnungen versendet und im schlimmsten Fall ein Inkasso-Unternehmen für die weiteren Schritte beauftragt.

    Lieben Gruß Michael

  2. Das stimmt. Stammkunden sind sehr wichtig. Es ist 5 mal aufwendiger einen neuen Kunden zu gewinnen als bestehende zu behalten. Deswegen benötigt man hier viel Fingerspitzengefühl. Da ist ein Gespräch am Telefon eine guter erster Schritt.

  3. @ Michael:
    „Nicht die Arbeit“ machen extra hinterher zu telefonieren? Hier geht es immerhin um bereits verdientes Geld das dem Unternehmen möglicherweise fehlt. In der täglichen Praxis lässt sich feststellen, dass die Schuldner oft besser auf ein Telefonat zahlen als auf einen Brief des Unternehmers. Auch kann man dann vlt. schnell Raten vereinbaren. Abgrenzen muss man dazu die Mahnung durch einen Anwalt oder ein Inkassobüro, die noch einmal anders wahr genommen werden. Aber im Ergebnis halte ich einen Anruf (ggf. auch parallel) immer für eine gute Wahl.

  4. Von Mensch zu Mensch sprechen nimmt auf alle Fälle die Härte aus dem Fall. Vielen Dank für Dein Kommentar.

  5. Der Verzugsschaden geht übrigens noch weiter als die oben genannten gesetzlichen Zinsen. Ersetzt werden muss grundsätzlich der gesamte Schaden des Gläubigers der durch den Zahlungsverzug des Schuldners entsteht. Wenn der Gläubiger nun z.B. seinen „Dispo“ in Anspruch nehmen muss, die tatsächlich anfallenden Zinsen, oder Mahngebühren für die eigenen Mahnungen (aber erst nach Verzug) und ggf. Kosten des Inkasso durch eine Inkassobüro oder Rechtsanwalt.

  6. Wow, das wusste ich selber noch nicht. In diesem Fall läuft es dann wohl auf eine Gerichtsverhandlung hinaus.

  7. S. Hansen sagt:

    Wichtig ist, dass ein Gläubiger unverzüglich reagiert, wenn ein Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Alles andere ist nicht nur schädlich für die eigene Liquidität, es ist auch unfair den treuen Stammkunden gegenüber. Diese zahlen nämlich brav alle Rechnungen pünktlich. Im Ernstfall sind sie es sogar, die nachher Aussenstände des Unternehmens über Preiserhöhungen auffangen müssen. Letztlich muss jedes Unternehmen ja nun auch wirtschaftlich denken. Darum: Sofort auf Nichtzahlungen reagieren und im Zweifel auch gerichtlich einfordern. Nur so kann sich auf Dauer die Zahlungsmoral der Konsumenten verbessern.

  8. Volker Liebig sagt:

    Schön geschriebener Artikel! Eine Inkassofirma engagieren macht durchaus Sinn, leider wurde der Punkt nicht so ausführlich behandelt – ist ja auch nochmal ein Thema für sich. Habe einen Artikel gefunden, der den Inkasso-Punkt weiterführt: https://www.fnp.de/lokales/limburg-weilburg/kreishandwerkerschaft-kooperiert-inkasso-unternehmen-10466146.html
    LG,
    Volker

  9. Vernunftige Handler haben keinen Arger mit dem PayPal-Kauferschutz. Das ist totaler Quark und wieder mal pauschalisiered ala Alle Handler, die schonmal Probleme mit dem PP-Kauferschutz harten, sind unserios! . Mal ein Beispiel: Kunde bestellt, zahlt mit Paypal, Bestellung geht am gleichen Tag raus. Nachsten Tag fallt dem Kunden ein, er mochte die Rechnungs- und Lieferadresse geandert haben, seltsamerweise gleiche Adresse, nur einen weiblichen, statt einem mannlichen Namen. Ich habe ihm geantwortet, dass dies leider nicht moglich sei, da seine Bestellung bereits verschickt wurde und bei Paypalbestellungen zudem der Verkauferschutz verloren geht. Der Kunde ist dann vollig ausgerastet, hat die Annahme der Sendung verweigert und sofort einen Fall bei Paypal eroffnet. Paypal hat dem Kunden recht gegeben und erstattet, da die Sendung ja wieder zuruckkam. Als Handler hat man eigentlich alles richtig gemacht, ist letztendlich aber doch unserios und bleibt auf Versandkosten und Ruckleitungsentgeld sitzen. @OnlineKunde: A .lochkunden sind keineswegs die Ausnahme und es werden immer mehr, hore ich auch vermehrt von befreundeten Onlineshop- und Ladenbetreibern!

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