Sachbezogen verhandeln nach dem Harvard Konzept

Das Wort „verhandeln“ wird oft im Zusammenhang mit „Geschäften machen“ gebracht.  Zwei Partein stehen sich gegenüber und besprechen Preis und Leistung. Irgendwann kommt das Geschäft zustande, oder auch nicht. Genau genommen verhandeln wir jeden Tag. Das ganze Leben ist ein Geben und Nehmen. Ein ständiges Tauschgeschäft. Das fängt beim Kaffee vom Bäcker an, zieht sich über die Bestellung von Visitenkarten bis hin zur Diskusssion, wer heut den Abwasch macht.

Grundsätzlich gibt es 2 Grundformen beim Verhandeln.

Weich verhandeln

Die mentale Einstellung des Teilnehmers ist: Wir sind Freunde und wollen mit dem Partner ein Übereinkunft erreichen. Man gibt nach, um die Beziehung zu verbessern. Ich vertraue der Gegenseite und vermeide Willenskämpfe. Einseitige Zugeständnisse nehme ich in Kauf, damit eine Übereinkunft zu Stande kommt. Ich lege meine Verhandlungslinie offen.

Ich bin weich zu den Menschen und weich zu den Problemen.

Hart verhandeln

Die mentale Einstellung des Teilnehmers ist: Wir sind Gegner. Ich muss den anderen besiegen. Deswegen beharre ich auf meiner Position. Ich arbeite mit Druck und Drohungen. Ich misstrauen meinem Verhandlungspartner und beharre auf meiner Position. Einseitige Vorteile für mich sind der Preis, dass wir uns einig werden. Meine Verhandlungslinie bleibt verdeckt.

Ich bin hart zu den Menschen und hart zu den Problemen.

Sachbezogen verhandeln nach dem Havard Konzept

Die mentale Einstellung des Teilnehmers ist: Wir sind Problemlöser und wollen vernünftige Ergebnisse erzielen. Ich frage gezielt nach, wo die Interessen meines Verhandlungspartners liegen. Ich kann in einigen Punkten Zugeständnisse machen und vermeide starre Positionen. Ich erkunde die unterschiedlichen Möglichkeiten und entscheide erst dann. Ich bestehe auf objektive Kriterien unabhängig vom jeweiligen Willen.

Ich bin weich zu den Menschen und hart zu den Problemen.

Das Harvard Konzept versucht eine „Win Win Situation“ herzustellen. Um den Sachverhalt zu verdeutlichen wird in diesem Zusammenhang gern die Orangen Geschichte erzählt:

Die Orangen Geschichte:

Die Mutter von Lena und Toni hat nur noch eine Apfelsine in der Obstschale. Beide Kinder kommen und rufen: „Ich will die Orange unbedingt haben!“ Jetzt könnte die Mutter die Orange zerteilen oder das Los entscheiden lassen. Intuitiv fragt sie: „Warum möchtest ihr die Orange haben?“ Lena möchte gern einen Kuchen backen und benötigt die Schale. Toni hat Durst und möchte den Saft der Orange trinken. So ist die Lösung einfach. Mit der schnellen Entscheidung die Orange zu teilen, wären beide Kinder unglücklich aus der Küche gegangen.

Die 4 Prinzipien des Harvard Konzepts

Dem Harvard Konzept liegen 4 Prinzipien zu Grunde.

1. Menschen und Probleme werden getrennt voneinander behandelt

In Diskussionen sind immer 2 Ebenen einbezogen.

  • Die Sachebene. Was ist das Problem?
  • Beziehungsebene. Wie gehe ich mit meinem Verhandlungspartner um?

Beim Verhandeln mischen sich beide Ebenen miteinander, so dass es zu Missverständnissen kommen kann. Ein „Deine Terminabsprache war so kurzfristig, das hätte niemand geschafft.“ kann schnell persönlich genommen werden und zu unnötigen Spannungen führen. Es ist wichtig, seinen Standpunkt klarzumachen, ohne den anderen zu verletzen. Das freundliche „Nein“ sagen will gelernt sein.

„Ich verstehe Dich, aber mit dem Vorschlag bin ich nicht einverstanden.“

Wenn die persönliche von der Sachebene getrennt werden kann, geht es zum nächsten Schritt.

2. Interessen sammeln

Jede Partei schildert ihre Sicht der Dinge und bringt Argumente dafür vor. Dabei geht es um Interessen und nicht um Positionen.

3. Möglichkeiten aufzählen

Welche Möglichkeiten stehen für eine Lösung zur Verfügung? Da es nicht um Positionen geht, können gemeinsam Alternativen gefunden werden, die bei starren Verhandlungparteien unmöglich sind.

4. Objektive Kriterien zur Lösungsfindung verwenden

Bei der Entscheidung werden neutrale Beurteilungskriterien benutzt. Das können rechtliche Grundlagen, ethische Verhaltensweisen oder allgemeingültige Prinzipien sein.

Buch: Argumentieren unter Stress

Albert Thiele hat ein Buch geschrieben, dass nicht nur die Harvard Prinzipien behandelt, sondern auch viele andere wichtige Konzepte, wenn es ums Argumentieren geht. Es ist eins der besten Bücher, die es zu diesem Thema gibt. Der Schwerpunkt liegt auf unfaire Angriffe und Einwände und welche Strategien es zu Abwehr gibt. Kommt man in Diskussionen, in denen man den kürzeren zieht, fallen einem im Nachhinein immer gute Argumente ein. Dann ist es leider schon zu spät. Deswegen lege ich Euch das Buch „Argumentieren unter Stress“ ans Herz. Kauft es für 9,90 Euro bei Amazon.

Weitere interessante Artikel:

„Du“ oder „Sie“, so duzt man richtig

Wie man Kritik äußert ohne Gefühle zu verletzen

Wie heißt noch einmal Dingsbums? So merkt man sich Namen besser

3 Replies to Sachbezogen verhandeln nach dem Harvard Konzept

  1. Chris sagt:

    Hart zu den Problemen, weich zu den Menschen.

    Das freundliche Nein sagen ist auch eine gute Technik.
    Danke für die Inspiration!

  2. Zauberer sagt:

    Vielen Dank für die kurze Übersicht. Es ist ein kurzer Leitfaden, der mir hilft in das Thema einzutauchen. Das Harvard Prinzip ist eine interessante Sichtweise.
    Vielen Dank,
    bezaubernde Grüße,
    Philipp

  3. Sebastian sagt:

    Vielen Dank für den interessanten Artikel. Richtiges Verhandeln ist das A und O im Arbeitsalltag. Auch im Schauspielunterricht kann man einiges dafür lernen.
    Beste Grüße,
    Sebastian

Leave a Reply